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Gefiederte Primaballerina im Aufwind


Der Silberreiher ist Wintergast am Niederrhein. Mit zunehmender Tendenz. Kann er hier auch Brutvogel werden?


In der niederrheinischen Landschaft taucht ein auffällig schlanker, schneeweißer Kosmopolit seit Jahren zunehmend gerade zur Winterzeit auf: der Silberreiher.

 

 

Seltene Fotodokumentation: Ausnahmsweise "kriecht" der Silberreiher mit seinem Schnabel sogar ins Mauseloch.

Foto: Peter Malzbender

 

Er hat die größte geographische Verbreitung von allen Reihervögeln. Denn: Stelzenbein ist auf fast allen Kontinenten vertreten. Nur nicht in der Antarktika. Vier Unterarten haben die Taxonomen wissenschaftlich begründet herausklamüsert. Weltweit ist der Bestand des Silberreihers momentan nicht gefährdet. Bis über zwei Millionen Individuen des knapp ein Meter großen Reihers sollen unseren Planeten besiedeln. Ein Ubiquist mit leuchtend weißem Gewand?! Seine Nahrungspalette ist üppig ausgelegt, was dem nur bis zu 1,5 Kilogramm „schweren“ Leichtgewicht das Überleben erleichtert. In Mitteleuropa hat er vor allem Insekten, Amphibien, Fische und Mäuse zum Fressen gern.

 
 

 Bereits im Spätwinter entwickeln sich die Balz-Schmuckfedern auf den Schultern.

 Foto: Peter Malzbender

 

Im Westen unserer Republik hat sich zwischen Duisburg und dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet bei Kleve ein Überwinterungs-Hotspot im letzten Jahrzehnt gebildet. Bis zu knapp zweihundert elegant-grazile Gefiederschmuckstücke stolzieren aufrechten Ganges dann vornehmlich über niederrheinisches Grünland, über Äcker, an Gewässern und in Auegebieten. Der hochbeinige, weiße Schlaumeier lebt bei uns in hervorragender Koexistenz mit den arktischen Wildgänsen, die jetzt in großen Scharen unsere Gefilde bevölkern. Die Gänse halten das Weidegras kurz, sodass die Reiher es wesentlich einfacher haben, wuselige Kleinnager zu erwischen. Genau das ist der Grund, warum man jetzt in trauter Gemeinsamkeit unsere heimischen Graureiher mit Silberreihern zwischen Wildgänsen auf Nahrungssuche beobachten kann. Nicht gerade Schulter an Schulter, aber durchaus mit ein paar Metern Abstand. Auch die Gänse akzeptieren  die langen Kerls, die sich durch ihre Trupps durchwurschteln. Die Schnattertiere aus dem hohen Norden haben erfahrungsgemäß schon vor langer Zeit die Reiher als für sie harmlose Gesellen eingestuft. In unserer Region können bestenfalls Seeadler und Fuchs Wildgänsen und Reihern lebensgefährlich werden. Dazu bedarf es dann sogar noch besonderer Bedingungen.

 
 

 In unserer Landschaft ein auffälliger Langsamflieger.

 Foto: Peter Malzbender

 


Jagd auf Mäuse ist überlebenswichtig


Einen Silberreiher bei der Mäusejagd zu beobachten, ist ein kleines Naturschauspiel. Erst verharrt er wie zu einer Säule erstarrt beispielsweise zwischen Tundrawildgänsen. Plötzlich stakst er dann wie von der Tarantel gestochen im Stakkato-Schritt wie einst Freddie Mercury, um dann am vermeintlichen Ziel wieder abrupt innezuhalten. Nun fängt er nur mit seinem aufrechten langen Hals an, kleinste Pendelbewegungen zu inszenieren wie nach einer Choreographie von Pina Bausch. Dann beugt sich der „Tänzer“ langsam herunter in eine Harpunenstellung, wobei die Augen magisch fixiert auf einen Punkt im Gras gerichtet bleiben. Alle seine Sinne stehen jetzt unter Hochspannung. Noch sieht alles irgendwie elegant majestätisch aus. Seine akkurate Körperhaltung bei der Jagd gibt er nur dann auf, wenn ein Kleinnager gerade noch ins rettende Mauseloch verschwinden will. Der Silberreiher geht dann gewaltig in die Knie und versucht mit seinem langen Schnabel noch tief im Eingang erfolgreich aufzuspießen. Das sieht urkomisch aus; man könnte meinen, der schöne Vogel hat die Contenance verloren. Natürlich ist er dabei auch nicht immer erfolgreich.

 
 

 In Harpunenstellung kurz vor dem Zustoßen.

 Foto: Peter Malzbender

 

Anders als unsere Graureiher, die bevorzugt in Bäumen Nester errichten, brütet der Silberreiher fast ausschließlich nur in Bodennestern in großen Altschilfbeständen. Die sind am Niederrhein aber kaum vorhanden. Vielleicht ist das Röhricht auf der Bislicher Insel zukünftig ein geeignetes Brutareal für den weißen Reiher. Allerdings ist es auch durchaus denkbar, dass durch den Klimawandel ausgelöste lang anhaltende Trockenperioden die Relikte niederrheinischer Schilfgebiete weiter schrumpfen lassen. Der Klimawandel könnte sogar weltweit auch Auswirkungen auf den Bestand der Silberreiher haben. Noch Anfang des vergangenen Jahrhunderts mussten einige seiner Populationen signifikant Federn lassen. Für Damenhüte hatte man viele dieser auffallend schönen Reiher zur Strecke gebracht. Lange, lockere Schulterfedern mit imposanten Seitenästen, womit sich  der große Schreitvogel nur zur Balzzeit schmückt und diese wie ein Rad imposant spreizen kann, wurden im herausgerupft und zierten fortan die ausgefallensten Kopfbedeckungen weiblicher Hautevolee. Im wahrsten Sinne des Wortes der letzte Schrei; dies ist erfreulicherweise Schnee von gestern. Seit 2012 gibt es den ersten Brutnachweis auch für Deutschland. Im äußersten Nordosten in Mecklenburg am Strelasund brütete das erste Silberreiherpaar erfolgreich innerhalb einer großen Graureiherkolonie. In den Niederlanden gibt es schon eine beachtliche Brutpopulation. Der Vogel ist auf dem Vormarsch und wird vielleicht in absehbarer Zeit auch Brutvogel am Niederrhein.

 
 

 Der Silberreiher ist ein erfolgreicher Mäusejäger.

 Foto: Peter Malzbender

 
Am Niederrhein überwintert die Nominatform des Silberreihers (Ardea alba alba). Er kann eine Flügelspannweite bis zu 170 Zentimeter erreichen. Sein Bodennest hat in der Regel einen beachtlichen Durchmesser von einem Meter. Im April/Mai legt das Weibchen drei bis fünf hellblaue Eier, die von beiden Partnern rund 25 Tage bebrütet werden. Erst nach sechs bis sieben Wochen ist der Nachwuchs flügge. Leider überleben 75 Prozent der Jungreiher das erste Lebensjahr nicht. Silberreiher kann man jetzt vielerorts gut im Rheinvorland beobachten. Die Vögel sind sehr scheu; bitte Hunde anleinen und niemals auf sie zugehen.

 
 

 Regelmäßig trifft man Silberreiher zwischen arktischen Wildgänsen an.

 Foto: Peter Malzbender

 
 

Artikel von: Peter Malzbender, November 2018
 

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