Rebhuhn auf verlorenem Posten?-Das Rebhuhn ist Vogel des Jahres 2026. Sein Bestand ist am Boden!
Das Rebhuhn ist zum Vogel des Jahres 2026 gewählt worden. Zur Wahl hatten wieder der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) aufgerufen. Im Vorfeld waren von einer Experten-Kommission fünf heimische Vogelarten ausgesucht worden, die jeweils für einen bestimmten Lebensraum in Deutschland als Vorzeigeart ins Rennen geschickt wurden.
Auf die Spitzenposition ist bundesweit das Rebhuhn, ein auf den ersten Blick eher unscheinbarer Hühnervogel, mit 81.855 Stimmen von Naturfreunden gehievt worden.
Intensive Landwirtschaft ist out
Mit einem deutlichen Vorsprung von 44,5 Prozent ergatterte das Rebhuhn vor der Amsel mit 26,6 Prozent, der Waldohreule mit 12,7 Prozent, der Schleiereule mit 11,7 Prozent sowie dem Zwergtaucher mit 4,5 Prozent den eher traurigen Spitzenplatz. Denn: Mit dem Rebhuhn wird ein stark gefährdeter Agrarvogel ins Rampenlicht gerückt. Seit 1980 ist sein Bestand in Deutschland um erschreckende 87 Prozent zurückgegangen. In Mitteleuropa sogar um 94 Prozent. Hauptursache ist die Intensivierung der Landwirtschaft, die zu einem Mangel an geeigneten Lebensräumen, Futter und sicheren Brutplätzen führt. Zusätzlich können die Jagd, Witterung und einige Fressfeinde den weiter schrumpfenden Rebhuhn-Bestand existenziell bedrohen. Viele Wissenschaftler haben längst mit umfangreichen Studien in ganz Deutschland und Europa nachgewiesen, dass gerade in der bäuerlichen Kulturlandschaft mit herkömmlich-intensiver Landwirtschaft das Artensterben am größten ist. Kiebitz, Feldlerche, Rebhuhn und Co. haben als ehemals Allerweltsvögel auch am Niederrhein schon sehr viele Federn gelassen. Vor allem durch Überdüngung und dem hohen Einsatz von Pestiziden sind sie auch in unserer Region zunehmend weiter in ihrer Existenz bedroht.
Bauern sind keine Buhmänner
Den einzelnen Landwirt dafür verantwortlich zu machen, das wäre zu kurz gedacht. Vielmehr ist die seit Jahrzehnten immer weiter fortschreitende Industriealisierung in der Landwirtschaft das Problem beim Artenschwund in der Feldflur. Dazu sind die Bauern aber von Vorgaben aus Brüssel, den Landwirtschaftsministerien, von Bauerverbänden, von Banken und einigen unseriösen Beratern immer wieder mit sanftem Druck „ermutigt“ worden. Viele Landwirte arbeiten täglich hart und zeitintensiv. Sieben Tage die Woche. Dennoch schrumpft mit aller Regelmäßigkeit ihr Betriebseinkommen. Die überbordende Bürokratie, die zeitaufwendige Dokumentationspflicht, und die geringe Planungssicherheit sind oftmals im Tagesablauf eines landwirtschaftlichen Betriebes unerträglich. Tausende Bauernhöfe geben bundesweit jährlich auf. Auch am Niederrhein ist das Höfesterben noch aktuell. Die wirkliche Agrarwende muss umgehend eingeläutet werden. Nachhaltigkeit sollte das oberste Ziel sein. Die vielen Milliarden Euro EU-Fördermittel für die Landwirtschaft, das sind knapp 40 Prozent des gesamten EU-Haushaltes, müssen dringend umgeschichtet werden. Bauern, die den Boden, das Grundwasser und die Artenvielfalt durch ihre Bewirtschaftung nachhaltig schonen, die sollten das meiste aus dem Fördertopf bekommen. Das einfache Gießkannenprinzip der Flächenprämie gehört dringend auf den Prüfstand. Zudem sollten Discounter nicht über Dumpingpreise gute, heimische Landwirtschaftsprodukte in die Knie zwingen können. Und der Verbraucher ist aufgerufen, mehr auf heimische Produkte zu setzen.
Insekten sind lebenswichtig
Das Rebhuhn ernährt sich vorwiegend vegetarisch. Filigran zupft es Grasspitzen ab, sammelt Wildkräutersamen und Getreide. Zwischendurch werden immer wieder mal kleine Steinchen aufgenommen und runtergeschluckt. Die helfen bei der Verdauung der faserreichen Kost. Rebhuhnküken allerdings brauchen in den ersten Wochen Insekten, Spinnen und andere Kleintiere. Das ist unabdingbare Voraussetzung; ansonsten verkümmern und verhungern die Kleinen ganz elendig. Insekten haben einen sehr hohen Proteingehalt, der oftmals zwischen 35% und 60% liegt. Zudem sei das Protein von Insekten leicht verdaulich und würde vom Körper der Küken auch gut verwertet, so die Wissenschaftler. Außerdem seien Insekten auch eine hervorragende Quelle für Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Insekten seien schlechthin für das schnelle Wachstum der Küken in der Natur unabdingbar, ja sogar lebensnotwendig. Und ohne Insekten wäre auch das menschliche Dasein nicht möglich.
Immer auf der Hut vor Fressfeinden
Rebhühner sind am Niederrhein nur noch selten zu sehen. Sie sind tag- und dämmerungsaktiv. Wo es sie noch gibt, kann man vor allem in der Morgendämmerung den rauen Revierruf des Männchens hören. Weibchen legen bis zu 24 Eier in Bodennester. Und die sind gut versteckt, von Vegetation übermantelt. Das Gelege ist meist erst nach gut zwei Wochen vollzählig. Erst dann wird es auch bebrütet. Und zwar ausschließlich vom Weibchen, zwischen 23 und 25 Tage lang. Währenddessen bewacht der Rebhuhn-Hahn die ganze Zeit den Brutplatz und verteidigt mitunter vehement das Territorium. Die Fressfeinde am Boden haben in den letzten Jahren zugenommen. Die Rebhuhn-Eier werden gerne als Leckerbissen vertilgt. Neben Fuchs, Marder, Igel und Co. gesellen sich mittlerweile auch invasive Arten wie Waschbär und Marderhund in unseren Gefilden dazu. Sie sind vorwiegend nachts unterwegs und allesamt mit einem ausgezeichneten Geruchssinn ausgestattet. Gefahr aus der Luft kommt vor allem von einigen Greifvogelarten. Die wiederum bevorzugen das nahrhafte Fleisch des Hühnervogels. Allerdings, so die Untersuchungsergebnisse, sei die Prädation durch Fressfeinde für den signifikanten Bestandsrückgang des Rebhuhns eher unbedeutend.
Das schützenswerte Rädchen im Getriebe
Aus einem Rebhuhn-Gelege schlüpfen alle Küken innerhalb eines Tages. Und meist schon am ersten Tag marschieren sie mit Elternvögeln los. Die Küken sind sofort auf der Suche nach tierischen Futterhappen. Die Altvögel helfen ihnen anfangs beim Aufstöbern. Das Staksen auf den noch jungen, unsicheren Beinchen macht auch müde. Päuschen werden dann eingelegt, wobei der Nachwuchs gerne zum Aufwärmen unters Bauchgefieder der Henne schlüpft. Das kann natürlich bei den vielen Jungvögeln auch kuschelig eng werden. Mit wachsamen Argusaugen beobachtet der Hahn dann das Umfeld. Mit leicht schräggekipptem Kopf scannt er auch regelmäßig den Himmel nach gefiederten Angriffen aus der Luft Ausschau. Ausgedehnte Staubbäder gehören beim Rebhuhn an trockenen Tagen zum Verhaltens- und Wohlfühl-Repertoire. Dabei werden endogene Parasiten im wahrsten Sinne des Wortes abgeschüttelt. Die lästigen Schmarotzer und Plagegeister aus der Obhut des Gefieders entfernt. Wenn Arten aus einer Gemeinschaft verschwinden, weiß man nicht genau wie gravierend dies für ein Ökosystem ist. Nur wenn irgendwann in den Lebensgemeinschaften der Kipppunkt erreicht ist, kann das schlimme Kettenreaktionen auslösen. Es gibt nicht wenige Naturwissenschaftler die glauben, dass eine möglichst große, über lange Zeiträume gewachsene Artenvielfalt, auch für uns Menschen von großer Bedeutung ist. Wir sollten achtsam mit allen Kreaturen umgehen. Schützen wir gemeinsam das Rädchen im Getriebe!
Peter Malzbender
